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Kennen Sie jemanden, der ein geringes Selbstwertgefühl hat? Dann wissen Sie wahrscheinlich auch, dass sich das sehr unangenehm anfühlt und auswirkt. In diesem Beitrag geht es darum, welche Irrwege man zu Selbstwert und Selbstachtung vermeiden sollte und wo die Auswege liegen.
Wer ein geringes Selbstwertgefühl hat, findet auf der einen Seite immer wieder Bestätigungen dafür, dass er selbst wertlos ist. Auf der anderen Seite versucht das „Ich“, sich groß zu machen, vor sich selbst und vor anderen. Das „Ich“ versucht, ein künstliches Selbstbild zu schaffen, das überlegen ist, weil es das eigentliche Selbstbild als schwach wahrnimmt.
Dieses Bemühen, sich groß zu machen kann einen schwachen Selbstwert vorübergehend übertünchen, während die in vielen Situationen die Selbstzweifel, die Selbstmarterung und ein für uns schädliches Verhalten durchbrechen. Dieser Weg birgt Gefahren, die wir vermeiden sollten – und können.
Solange wir kein gesundes Selbstwertgefühl haben, versucht unser „Ich“, das über Gedankenkonstrukte herzustellen. Ein Kind kann sich nie mit Erwachsenen messen, was körperliche Kraft oder Lebenserfahrung angeht, in den meisten Fällen viele Jahre auch nicht, was die Intelligenz angeht. Das ist auch kein Problem, solange es in dieser Zeit Liebe und Wertschätzung erfährt. Oder wenn die Eltern das Vertrauen haben, dass das Kind alles entwickeln wird, was es braucht.
Fehlt das aber, braucht das Kind etwas zum kompensieren. Beispielsweise kann ein Kind sich gegenüber einem dominanten Vater moralisch überlegen fühlen. So kann sich das Selbst retten und stärken.
Als Erwachsene haben wir ein weiteres Spektrum zur Verfügung. Wir sind unserer Meinung nach z.B. jemand überlegen, weil wir intelligenter sind als alle anderen, weil wir moralisch weiter sind, weil wir immer genau wissen, was andere Denken, weil wir reich sind, weil wir mehr Macht haben, weil wir eine bestimmte Herkunft oder Rasse haben, weil wir der richtigen Religion angehören usw. In esoterischen Kreisen beispielsweise geht es dann weniger um’s Materielle sondern, hat man ein höheres Seelenalter, eine weißere Aura oder ist „weiter“ als andere. Es gibt viele Wege, sich über andere zu überheben, doch das ist nicht wahrer Selbstwert.
Ungeachtet dessen, was davon stimmt oder nicht stimmt ist das Schema die Aufwertung des „Ich“ und damit gleichzeitig die Abwertung des „Du“ und „Ihr“. Immer wenn wir uns überlegen fühlen, weisen wir damit den anderen schlechte Eigenschaften zu und das tut unserer Beziehung zu anderen Menschen selten gut. Das kann sich bis hin zum Fundamentalismus entwickeln. Jeder der nicht meiner Religion angehört ist verachtenswert. Jeder, der nicht meine intellektuelle Überlegenheit anerkennt ist eine Gefahr und muss bekämpft werden.
Wer dieses Schema als Kind am eigenen Leib erfahren hat, leidet natürlich darunter. Wir haben dann die Wahl: Entweder wir machen es genauso und werten andere ab, oder wir machen genau das Gegenteil, erkennen , dass alle Menschen, einschließlich uns selbst, wertvoll sind. Dann gehen wir wertschätzend mit uns und anderen um.
Da wir mit dem Überlegen sein unser Selbstbild aufrecht erhalten wollen, sich die Methoden dieses Kampfes gegen alle Bezweifler des künstlichen Selbst mannigfaltig. „Du bist doch nur neidisch“, „Du kannst es nur nicht ertragen, dass ich besser bin wie Du“, „Du bist im Ego und ich nicht“, bei religiösen Menschen z.B. „nur Gott bestimmt, was richtig ist (und Du gehörst der falschen Religion an oder: ich weiß, was Gott will)“ usw.
Oft darf kein Mensch die eigene Sicht mehr hinterfragen. Das „Ich“ stellt seine Wahrnehmung über die jedes anderen: „ich kenne die Wahrheit (und Du nicht)“. In dem Moment wo dieses Programm läuft, kommt dann kaum mehr etwas an den Mensch heran. Wer etwas sagt, das nicht zum eigenen Glauben passt, diskutiert mit einer Wand. Denn würde Kritik aufgenommen, würde das das Selbstbild schwächen, nicht das Selbstwertgefühl stärken.
Auch typisch für den so entstehenden Fundamentalismus sind scheinbare Werte, die aber tatsächlich nur für bestimmte- Personen oder Situationen gelten. Sie sind als Argumentationsmittel recht, solange sie dem eigenen Zweck taugen. Wahre Werte würden aber für alle Menschen gleich gelten, z.B. ist die Freiheit eines jeden gleichwertig und man müsste sich für die Freiheit anderer genauso einsetzen wie für seine eigene, wenn man diesen Wert „Freiheit“ wirklich ernst nimmt.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar, Du blödes A..loch!“ (Aus einemMailForum der Piratenpartei.)
Für viele ist Gerechtigkeit erst mal, dass man selbst einen fairen Anteil bekommt. Gerechtigkeit für jeden, also die Verwirklichung dieses Wertes, ist weniger selbstverständlich. Z.B. in Foren der Piratenpartei kann man lesen, dass Respekt und die Menschenwürde sehr wichtig ist, im nächsten Satz aber versucht derselbe Schreiber, das Gegenüber zu verunglimpfen oder gar verbal zu vernichten. Menschenwürde zu achten würde aber heißen Meinungen und Menschen zu respektieren. Auch das ist ein Ausdruck eines kompensierten schwachen Selbstwerts sowie einer geringen Selbstreflexion.
Einen künstlichen Selbstwert brauchen wir nur, wenn der natürliche fehlt und wenn wir uns mit anderen vergleichen bzw. in Konkurrenz setzen. Das eröffnet drei Lösungswege:
Wir alle sind wertvoll, lassen Sie sich nichts anderes einreden. Wenn Sie ein glückliches, selbstbestimmtes Leben führen wollen, kommen Sie nicht darum herum, zu geben und zu nehmen. Der Austausch mit unseren Mitmenschen zeigt uns immer wieder, wo wir stehen. Und es ist wichtig, den Botschaften, die uns diese Menschen geben zuzuhören. Auch dann, wenn das was diese Menschen sagen nicht zu Ihrem Selbstbild passt.
Das bedeutet keinesfalls, dass das was andere sagen immer zutreffend wäre. Aber nützen Sie es, um zu sehen, wo Sie im Leben stehen und wie Sie wahrgenommen werden. Achten Sie auf Unterschiede in der Selbst- und Fremdwahrnehmung und korrigieren Sie etwas, entweder an Ihrem Selbstbild oder an ihrer Wirkung nach außen, wenn es eine Differenz gibt. Nur dann können Sie authentisch sein.
Machen Sie aber nicht das was Sie tun oder können bzw. nicht tun oder nicht können zu Ihrem Selbstbild. Und bewerten Sie nicht das was Sie können oder tun im Vergleich zu anderen Menschen sondern:
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